Lage und Entstehung
Norderney liegt in der Nordsee und ist die zweitgrößte der Ostfriesischen Inseln, die vor dem Festland des deutschen Bundeslandes Niedersachsen liegen. Die Insel wurde nicht durch Festland gebildet, es handelt sich vielmehr um eine Düneninsel, die mit der Zeit aus von der Meeresströmung angespültem Sand gewachsen ist.
Die Stadt gleichen Namens umfasst die gesamte Insel und ist mit etwa 6.000 Einwohnern die, soweit es die Einwohnerzahl betrifft, größte Gemeinde der Ostfriesischen Inseln. Wir haben die Insel 2009 besucht und als erholsames Urlaubsparadies entdeckt.
Norderneys Klima
Das Klima ist auch im Sommer eher frisch, die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei 8,7°C, in den Sommermonaten bei gerade mal 18-20°C. Der Wind – vornehmlich aus Süden oder Südwesten – ist auf dieser Insel Dauergast. Im Frühjahr und Herbst sind Stürme mit Orkanstärken durchaus üblich. Dabei kommt es oft zu Sturmfluten mit Wellen von bis zu 8,5m Höhe. Und so wanderte die Insel früher wie auch andere Ostfriesische Inseln nach Osten. Auf Norderney hat man diese Wanderung großteils mit Schutzbauten gestoppt. Mit Gebinden aus Holz werden Vordünen am Sockel regelmäßig verstärkt, um den Fortbestand der Insel zu sichern.
Der Nationalpark
Einige Bereiche in der Inselmitte sowie der östliche Teil der Insel, insgesamt 85% der Gesamtfläche, gehören heute zum „Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“.
Die Ankunft
Vor unserer Anreise finden wir uns bei Monika Wegner in Ilsede, in der Nähe von Hannover, ein. Monika kennen wir seit Jahren, sie war meine und unsere Gastgeberin bei vielen Messebesuchen auf der CeBIT, der damals größten und wichtigsten Computermesse Europas, die bis 2018 in Hannover stattfand. Sie war früher Lehrerin, hat sich mit den Jahren zu einer ausdrucksstarken Künstlerin entwickelt.
Im Laufe der Jahre sind wir Freunde geworden. Bei Monika können wir noch ausschlafen, bevor wir weiter an die Nordsee fahren.
Nach einem ausgiebigen Frühstück am nächsten Morgen rollen wir nach Norden, wobei „Norden“ nicht nur für die Himmelrichtung, sondern tatsächlich auch für die ostfriesische Stadt gleichen Namens steht, durch die wir nach Norddeich fahren, wo die Fähre nach Norderney ablegt. Rauf auf die Fähre. Unsere Ankunft in Norderney wird von den Lebewesen begleitet, die die Insel und ihre Bewohner wohl am besten im Griff haben: den Möwen.
Von der Fähre aus breitet sich vor unseren Augen die Skyline der Stadt Norderney aus.
Bis auf die Hotelkomplexe im Norden der Stadt (links im Bild), die wir in dieser wuchtigen Größe nicht erwartet hatten, entspricht der erste Eindruck unseren Erwartungen. Nach der Landung packen wir unser Gefährt in eine der erlaubten Parkzonen. Der Autoverkehr ist in Norderney streng limitiert, der Wagen wird während unseres Aufenthalts nur für eine Fahrt in den Osten der Insel benutzt.
Der Nachmittag vergeht mit Belegung unserer Unterkunft, Kofferauspacken und einem kleinen Spaziergang in der Stadt. Unser Heim für die nächsten Tage liegt im Obergeschoß eines netten kleinen Hauses in der Nähe des Wasserturms, also ziemlich im Zentrum der Stadt Norderney. Unser Zimmer ist über eine schmale Treppe erreichbar. Kein Problem, wir fühlen uns noch jung und knackig.
Die Stadt Norderney
Um an den Strand, unseren Sehnsuchtsort, zu gelangen, muss der in der Stadt wohnende Inselbesucher die Stadt durchqueren. Was aber keiner sonderlichen Anstrengung bedarf. Die Stadt umfasst zwar, rein politisch gesehen, die gesamte Insel, also satte 26km² (zum Vergleich: Wien umfasst ca. 415km²). Wenn ich allerdings von der „Stadt Norderney“ spreche, meine ich nur den städtisch verbauten Bereich von etwa eineinhalb Kilometer Durchmesser.
Traditionelle Ziegel/Klinker-Bauweise des Nordens wechselt sich im Stadtbild mit viel klarem Weiß ab.
Ziemlich belebte Stadt, befahren hauptsächlich von Fahrrädern und wenigen Lieferwagen.
Einer der prägenden Bereiche von Norderney: Der Kurplatz und seine unmittelbare Umgebung. Hier befindet sich „Stadt Norderney“, das aktuelle Rathaus (im Bild links), hier gibt es Café und Speiseeis, hier finden Wochenmarkt und auch Konzerte statt.
Nicht unerwähnt bleiben sollen zwei Skurrilitäten, die uns untergekommen sind:
Der Hase mag sich verirrt haben, denn der Parkplatz ist kein Feld. Aber der Ausrufer ist absichtlich unterwegs. Er heißt Bernd Krüger, stammt ursprünglich aus Hameln und lebt seit Jahrzehnten auf Norderney. Er wurde 2008 von der Kurverwaltung mit den Aufgaben eines Ausrufers und „Botschafters“ beauftragt und zieht seither im Sommer mit seiner Glocke durch die Stadt. Wir erleben ihn hier also sozusagen am Beginn einer Karriere, die ihn zum wahrscheinlich bekanntesten Bürger Norderneys gemacht hat.
Weitere Einblicke in die kleine Stadt in der Nordsee:
Norderney ist nicht San Francisco, wie wir schnell bemerkt haben, unsere legendären Gewaltmärsche wie ebendort sind also nicht nötig, um von jedem Punkt der Stadt ans Meer zu gelangen. Die begehrtesten Strände liegen im Westen und Norden der Stadt.
Der Strand
Norderney ist eine kleine Insel, und Norderney besteht daher hauptsächlich aus Strand. Nicht wirklich, aber es fühlt sich so an. Die kleine Stadt ist umgeben von Strand samt Strandpromenade. Aber auch östlich der Stadt findet sich vor den allgegenwärtigen Dünen Strand, Strand und nochmals Strand. Und vor dem Strand das Meer.
Wir erleben die Nordsee vor Norderney hauptsächlich freundlich. Meer übt auf uns Städter allemal einen besonderen Reiz aus; schon das stetige Plätschern klingt in unseren Ohren wie Musik.
Die Sommergäste genießen den Strand sowieso.
Auch den allgegenwärtigen Vögeln gefällt es hier, schließlich fällt immer wieder ein Happen für sie ab.
Möwen passen auf wie die Haftelmacher, damit auch wirklich kein Bröserl verloren geht. Weil „Das geht gar nicht!“
Die Promenade, die den Strand entlang führt, nutzen wir gerne und oft, wie andere Sommergäste auch. Ein Fixpunkt ist die Marienhöhe, ein Café im Nordwesten der Stadt, direkt an der Promenade.
Dort treffen sich nicht nur Touristen und Einheimische, sondern auch Marienkäfer.
Nun gut, die putzigen kleinen Tierchen…
Glaubst du. Diese Marienkäfer sind eine asiatische Art, die ursprünglich zur biologischen Schädlingsbekämpfung nach Europa gebracht wurde.
Haken an der Sache: Diese Tierchen vermehren sich unfassbar. Sie verdrängen so einheimische Arten des Marienkäfers und und lieben Norderney offenbar. Das kannst du gerne wörtlich nehmen, diese Tierchen sind auf der Insel in riesigen Schwärmen zu finden und fühlen sich von den knallgelben Tischtüchern der Marienhöhe magisch angezogen.
Hier noch ein paar Strandansichten:
Bömmelbahnen
Die „Bömmelbahnen“ starten mit der Inselrundfahrt am Rosengarten, der sich im Westen der Insel beidseitig der Janusstraße erstreckt. Wir fahren zum Yachthafen und dann weiter raus aus der Stadt Richtung Osten durch eine typische Dünenlandschaft zum Leuchtturm.
Vom Leuchtturm aus wenden wir uns wieder nach Norden. Auf der Fahrt erzählt uns die Führerin auch Wissenswertes und Lustiges über die Insel und einige ihrer Bewohner.
Eine halbstündige Pause machen wir im Osten der Insel nahe dem Strand Oase Norderney.
Dann wenden wir uns wieder nach Osten, nächstes Ziel: das Kap, bereits wieder im Bereich der Stadt. Das Norderney Kap wurde 1848 von Emdener Kaufleuten als Pyramide aus Balken gebaut, um Schiffen die Orientierung zu erleichtern. 1871 wurde daraus ein stabiler Ziegelbau. Heute ist das Kap das Wahrzeichen Norderneys.
Vom Kap fahren wir vorbei am Wasserturm und der Windmühle, in der sich heute ein Restaurant befindet, zurück zum Rosengarten. Insgesamt waren wir eindreiviertel Stunden unterwegs gewesen.
Geburtstag
Am 13. August hat Monika Geburtstag. Wir treffen einander zum Frühstück.
Geschenke werden übergeben und ausgepackt.
Dann stoßen wir auf das Geburtstagskind an. Es wird lustig, sehr lustig.
Ein Stunde später hat uns der Strand wieder.
Die Mitte und der Osten der Insel
Nachdem unser Auto bereits unter Entzugserscheinungen auf dem Parkplatz vor sich hinweint, gewähren wir ihm ein wenig Auslauf und erkunden den nicht-städtischen Bereich der Insel. Hauptsächlich Dünen, was haben wir uns erwartet? Jedenfalls nicht die dichte Bewachsung, die sich unseren Augen bietet.
Zwischen den Dünen, an der Straße, auch saftiges Gras. Das schätzen die Pferde, die hier gehalten werden, sehr.
Ja, es gibt auch Kühe auf Norderney, aber Pferde sind hier augenfällig dominant. Es gibt Reiterhöfe und Pferdezuchtbetriebe, die ebenfalls Reitstunden und Ausritte anbieten. Auf Anhieb könnte ich sechs, sieben Betriebe in Norderney nennen, die von Pferden leben. Das sind für eine so kleine Insel ganz schon viele. Bis auf einen Zuchtbetrieb, dessen Büro zentral im städtischen Bereich beheimatet ist, liegen die anderen Betriebe am Rand der Stadt bzw. in der Inselmitte. Auch die Familie des Pferdezüchters, mit Stadtbüro, betreibt einen Reitstall außerhalb des dicht besiedelten Gebiets.
Der Leuchtturm
Den hatten wir schon bei der Inselrundfahrt gesehen. Jetzt, wenn wir schon in der Nähe sind, wollten wir mal näher ran.
Ein Kurzbesuch beim Kap, und schon geht es wieder „nach Hause“; den äußersten Osten sehen wir nicht, den heben wir uns für unseren nächsten Besuch auf.
Der Ausreden sind viele. Bei realistischer Betrachtung werden wir den äußersten Osten der Insel auch beim nächsten Mal nicht sehen, auch nicht beim übernächsten Jahr. Dieser Teil der Insel ist nur begehbar, er kennt keine Straßen. Und jetzt mal kurz mitdenken: Mindestens drei bis vier Stunden Wanderung durch, teils tiefen, Sand. Jetzt noch unser Alter in die Gleichung einwerfen und dann mal durch die Zimmertemperatur dividieren. Das geht sich ziemlich sicher nicht aus, nicht mehr in unserem Leben. Trotzdem schade.
Hier noch ein paar Bilder von der Inselmitte:
STARfish Singers
Den nächsten Tag vertrödeln wir in der Stadt und bei Strandspaziergängen.
Der Abend aber gehört den STARfish Singers. Die STARfish Singers stellen seit vielen Jahren erfolgreich den Norderneyer Gospelchor. Sie treten oft in der Norderneyer Inselkirche auf, aber nicht ausschließlich dort.
Kurze Information zwischendurch: Norderney verfügt über zwei katholische Kirchen – die Katholische Kirche Norderney Sankt Ludgerus in der Friedrichstraße und die Stella Maris Kirche Norderney in der Goebenstraße -, die Evangelische Inselkirche in der Kirchstraße. diese drei Kirchen liegen nur wenige Gehminuten auseinander. Seit 1990 existiert auch eine modern gestaltete Neuapostolische Kirche in der Bülowallee.
Die STARfish Singers singen auch heute in der Inselkirche. Es ist ein herrliches Konzert in einer schlicht, aber ausgesprochen schön ausgestatteten Kirche. Als wir die Kirche verlassen, ist es bereits tiefe Nacht.
Der Hafen
Der Norderneyer Hafen für Güter und Personentransporte ist eher klein. Daneben liegt, in der Bucht, ein Yachthafen, der schon mehr hermacht.
Eines Nachmittags beschließt meine beste aller Ehefrauen, des Abends in einem Fischrestaurant am Hafen zu speisen. Wir machen uns auf die Suche. Zu Fuß selbstverständlich, denn die Distanzen, du weißt schon… Bis wir das richtige Restaurant finden, ist die Sonne schon dabei, sich zu verabschieden.
Meiner Liebsten hat das Essen sehr gemundet. Ich selbst bin ja nicht so der talentierte Fischesser, solange der Fisch nach Fisch schmeckt. Klingt blöd, ist es auch. Aber auch für Banausen wie mich gibt es immer etwas Essbares auf der Speisekarte. Satt und zufrieden machen wir uns auf den Heimweg.
Die Wattwanderung
Was wäre ein Urlaub auf Norderney ohne Wanderung im Wattenmeer? Eben. Nun habe ich da ein paar sehr persönliche Erinnerungen an Bücher aus meiner Kindheit, in denen die Niederlande, der Deichbau und natürlich auch das Watt ausführlich beschrieben wurden. Da wurde aber auch sehr nachdrücklich vor den Gefahren des Wattenmeers mit seinen Springfluten gewarnt. Das hat sich eingeprägt. Also ins Watt nur mit Führung.
Festes Schuhwerk als Schutz vor scharfkantigem Muschelbruch und touristischem Abfall ist Pflicht. Schuhwerk, das aber auch leicht aus- und wieder angezogen werden kann.
Im Schlick des Watts treffen wir aber nicht nur auf Muscheln (Herzmuscheln sind dort dominant, aber auch sehr scharfkantige Pazifische Austern verirren sich bis nach Norderney), sondern vor allem auf Wattwürmer. Wattwürmer, auch (Sand-)Pierwürmer oder Prielwürmer genannt, sind eine Art aus der Klasse der Vielborster und würden, gräulich-bräunlich, keinen Schönheits-Wettkampf gewinnen.
Jetzt aber ab unter die Dusche!
Robbe & Seehund
Wir lassen nichts aus. Wir wollen auch noch zu den Seehunden und Robben rausfahren, die etwas weiter vor Norderney auf den Sandbänken herumdösen.
Auf der Fähre, die uns in diese Gefilde bringt, wurlt es. Erstaunlich, wie viele Menschen gleichzeitig auf eine Fähre passen.
Auch eine Führerin ist an Board. Diesmal nicht, um uns vor den Gefahren einer Springflut zu bewahren, sondern um uns notfalls bei Laune zu halten, falls wir doch keine Robben oder Seehunde zu Gesicht bekommen sollten. Ja, mit den Robben ist das so wie mit Walen: Mal wollen sie, mal wollen sie nicht.
In unserem Fall wollen sie. Manchmal hast du eben Glück.
Das nächste Quartier
Uns gefällt es auf Norderney, Monika hat hier sowieso schon ihren „Nebenwohnsitz“. Wir müssen noch nach Quartier fürs nächste Jahr suchen. Monika hat etwas für uns gefunden, etwas weiter nördlich unseres derzeitigen Quartiers.
Wir treffen dort die Eigentümer und sehen uns die Wohnung an.
Nette Leute, gemütliche Wohnung. Ja, das wird passen.
Napoleonschanze und Ententeich
Mitten in der Stadt liegen in einem großen Park an der Gartenstraße die Napoleonschanze und der Ententeich. Die Parkanlagen sind, gemessen an der Größe der Stadt beträchtlich und laden zum Spazieren ein; Hund Alfons freut das auch.
Die Napoleonschanze ist ein Rest der Befestigung aus der Besatzungszeit der napoleonischen Truppen. 300 französische Soldaten sicherten auf Norderney die Blockade der französischen Truppen und verhinderten, dass Waren von England ins Land geschmuggelt werden konnten. Die Überreste der Schanze werden seit 1912 für Freiluft-Gottesdienste genutzt. Von Kanonen zu Kirchenglocken sozusagen.
Der Ententeich hingegen dient nicht nur Enten, sondern auch anderen Vögeln der Insel als Erholungsgebiet – solange die Touristen Erholung zulassen.
Das Wasser des Teichs hinterlässt während unseres Aufenthalts einen schlechten Eindruck. Ich würde eigentlich eher „braun-schwarze Brühe“ als „Wasser“ dazu sagen. Den Vögeln scheint es nicht viel auszumachen.
Das Frank Muschalle Trio
Am letzten vollen Urlaubstag gönnen wir uns noch ein Konzert. Frank Muschalle, ein deutscher Jazz-Pianist, gilt heute als einer der besten Boogie-Woogie-Pianisten Europas.
Das Frank Muschalle Trio spielt heute mit Mattias Klüter (Bass) und Dirk Engelmeyer (Schlagzeug). Und wie! Ein toller Urlaub findet seinen krönenden Abschluss.
Am nächsten Tag verlassen wir die Insel. Wir werden auf der Heimreise noch ein paar Tage in der Nähe von Frankfurt bei Rudi, dem Bruder meiner Liebsten, verbringen.