Der Weg ist das Ziel
Der Weg führt uns von Mammoth Lakes über Bishop und Lone Pine zum Death Valley. „Tal des Todes“, wie es die Pioniere nannten, die dieses Tal als erste durchquerten. „Tal“, nun ja. Für amerikanische Verhältnisse eben. 50-80km breit. Dass im Death Valley National Park auch noch das Panamint Valley liegt, erwähnte ich nur der Vollständigkeit halber.
In Bishop, einer Kleinstadt mit nur 3.600 Einwohnern, aber großer Flächenausdehnung, finden wir neben Tankstellen ein kleines Einkaufszentrum.
Und da ist auch eine Filiale von Starbucks. Juhubel! Du musst Starbucks nicht mögen, aber Starbucks braut für amerikanische Verhältnisse nahezu sensationellen Kaffee.
Der südlich von Bishop liegende Kings Canyon National Park und der damit verbundene Sequoia Nationalpark, nahe Lone Pine mit seinen mächtigen Mammutbäumen, fallen auf unserer Reise leider dem Zeitmangel zum Opfer. Empfehlung: Plane die Zeit ein – ein halber Tag dürfte reichen – und sieh ihn dir selbst an!
Wir fahren derweil, um nach Stovepipe Wells, dem Ort der nächsten Übernachtung zu gelangen, zuerst dem Owens Valley folgend gen Süden. Bei Blackrock treffen wir auf eine Landschaft, die vorwiegend von schwarzer Lava dominiert wird. Verdorrtes Gras ragt gespenstisch zwischen faustgroßen, scharfkantigen Lavabrocken hervor.
Wir passieren Manzanar, ein Fruchtanbaugebiet. Es liegt heute so unschuldig da, als wäre nie etwas gewesen. Während des zweiten Weltkriegs lag hier allerdings ein riesiges Internierungslager für japanischstämmige Amerikaner. Hier wurden seinerzeit etwa 10.000 US-Staatsbürger über Jahre festgehalten, weil sie die „falschen“ Vorfahren hatten. Man traute ihnen nicht. Also mussten sie „sicher verwahrt“ werden.
Dieses Panorama bietet sich auf der Strecke nach Stovepipe Wells unweit von Keeler, heute eine Geisterstadt:
Bald darauf passieren wir Lone Pine. Am Sequoia National Park fahren wir – wie schon erwähnt – vorbei und sehen seltsame Pflanzen am Rand der Straße. Seltsam sind sie wirklich, die Joshua Trees. Sie sehen aus wie eine Kreuzung aus Föhren und Kakteen, sind aber in Wahrheit baumgroße Liliengewächse.
Bei Swansea dominieren rötliche, bizarre Gesteinsformationen die Landschaft. Wüste? Ja, schon, aber sehr abwechslungsreich.
Rotes Gestein neben schwarzbrauner Lava in der Nähe von Swansea:
Die Einfahrt in den Death Valley National Park
Kurz darauf stehen wir vor einem der „Death Valley National Park Signs“, die an allen Haupt-Eingängen zum National Park montiert sind:
Auf dem Weg nach Stovepipe Wells, wo wir übernachten wollen, zeigt das Death Valley eine für uns unerwartete Seite. Wir hatten mit großer Hitze gerechnet – und sie auch bekommen. Auch mit schier endloser Wüstenlandschaft hatten wir gerechnet und wurden nicht enttäuscht.
Wir hätten in der Wüste jedoch niemals mit Wolken gerechnet. Und da lagen wir falsch. Die Wolken im Death Valley bewegen sich schnell. Und aus ihnen kann es auch regnen.
Selten, aber doch, kommt es im Death Valley, in einer der heißesten und trockensten Gegenden der Welt, sogar zu sintflutartigen Regenfällen. Diese erzeugen, nachdem das Wasser in dem harten, völlig ausgedörrten Boden kaum einsickern kann, reißende Ströme und Schlammlawinen. Die radieren dann mit unfassbarer Gewalt auch mal ganze Highways aus der Landschaft und richten rundum großen Schaden an.
Mindestens zwei Menschen starben beispielsweise bei den katastrophalen Unwettern, die im August 2004 mehrere Straßen im Nationalpark Death Valley überflutet hatten. Die Leichen wurden damals in einem Fahrzeug entdeckt, das unter einer Schlammlawine begraben war.
Auch 1939, 1941, 1985 und 2015 gab es Gewitterstürme ähnlichen Ausmaßes.
Stovepipe Wells
Wüste, Wüste, eindrucksvolle Wüste – meilenweit, soweit das Auge reicht. Hitze, unsägliche Hitze. Die Klimaanlage unseres Chevy liegt im Sterben. Dann – ziemlich unerwartet – rechts ein alter roter Feuerwehrwagen. Links der Straße, neben einem Pfosten mit der Beschriftung „Stovepipe Wells“, ein ausgedienter Planwagen. Skurril. Sind wir in einer Filmkulisse gestrandet?
Aber immerhin: Stovepipe Wells ist eine kleine Ansiedlung im Death Valley, in der ausgetrocknete Reisende wie wir nach langen Meilen der Einsamkeit erstmals wieder auf Menschen und Getränke treffen. „Und Getränke“ sind derzeit die für uns wichtigsten Merkmale. Es gibt in Stovepipe Wells einen General Store mit Tankstelle, einen Geschenkeshop, ein Motel mit erstaunlichen Baracken, einen Swimmingpool, ein Restaurant und einen Saloon sowie eine Ranger Station. In genau der Reihenfolge und in drei Gebäudekomplexen untergebracht.
Als wir nach Stovepipe Wells kommen, sehen die Wolken schon recht bedrohlich aus. Minuten später sogar richtig grimmig. Und ich bin von der Fahrt durch die Wüste mehr als nur ein wenig mitgenommen. Irgendwo muss doch da das Motel sein, das wir suchen, oder?
Ich steige vor dem General Store aus dem Auto und werde sofort von einem Haarfön mit gut zweieinhalb Metern Durchmesser in Empfang genommen. Volle Kraft, der Schweiß auf meiner Haut verdampft augenblicklich. Nicht übertrieben.
General Store. Fein. Ich gehe hinein, kaufe zwei Gallonen Wasser und frage, wie weit es denn noch bis zu unserem Motel sei. Der Store Manager sieht mich aufmerksam an, grinst dann bis über beide Ohren und meint nur „Just turn around!“
Also wieder hinaus. Auf der anderen Seite der Straße steht ein kleines Gebäude, das wie eine Tourist Information aussieht. Das Schild „Registration“ hat mein Bewusstsein noch nicht erreicht. 46° C, ich bitte um Verständnis. Ich frage jedenfalls nach unserem Motel. Die Lady hinter dem Pult fragt zurück „Your name is?“ und händigt mir unseren Zimmerschlüssel aus.
Meine Chefin lacht Tränen, die der heiße Wind aber ebenfalls blitzschnell trocknet. Sie sah mein emsiges Bemühen und wusste doch die ganze Zeit, dass wir neben dem Motel stehen. Schweinerei aber auch, mich so auflaufen zu lassen!
Hier noch ein kleiner Tipp: Nahe der Ansiedlung, etwa 3 km östlich von Stovepipe Wells, befinden sich die angeblich meist fotografierten Sanddünen der Welt.
Das mag stimmen. Sie sind vor allem morgens und abends, wenn lange Schatten die Dünen perfekt modellieren, fantastisch anzusehen. Den ganzen lieben langen Tag über sind sie aber nur eher unscheinbare Sandhügel.
Wir wurden angewiesen, an der Straße stehen zu bleiben und ein paar hundert Meter in Richtung Dünen zu gehen. Das sei der beste Weg zu großartigen Bildern.
Mesquite Flat Sand Dunes
Klar, die Sanddünen von Stovepipe Wells müssen wir sehen. So viele Sanddünen gibt es nicht im Death Valley, nicht mal 1% der Fläche sind hier von Sanddünen belegt.
„An der Straße stehen bleiben und ein paar hundert Meter in Richtung Dünen gehen.“ hatten wir vernommen. Da wundert uns dann schon ein wenig der Rat der Einheimischen „Mindestens einen Liter Wasser pro Gehstunde trinken! Nehmt zumindest jeder zwei Liter Wasser mit.“ Okay, die Schilder „Hydrate or die!“ hängen in Stovepipe Wells nicht zum Spaß herum. Aber für ein paar hundert Meter zwei Liter Wasser?
Du wirst im Death Valley schnell lernen, dass einige Tipps Leben retten können, andere Tipps wiederum nicht allzu ernst zu nehmen sind. „… und ein paar hundert Meter in Richtung Dünen gehen, ist der beste Weg zu tollen Fotos.“ gehört zur zweiten Sorte. „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“ hat schon Konrad Adenauer gesagt.
In Wahrheit erstrecken sich die „Mesquite Flats Sand Dunes“ über viele Quadratkilometer bis nach Norden an der Straße zu Scotty‘s Castle; selbst der fototrächtige Teil umfasst mehr als 4 km². Du musst also schon mit zwei, drei Stunden – am besten frühmorgens oder spätnachmittags – in der Wüste rechnen, um an solche Bilder zu kommen.
Das bedeutet zumindest drei Liter Wasser pro Person. Dazu noch Kamera, am besten ein Weitwinkelzoom und ein leichtes, aber stabiles Stativ. Bei herkömmlichen Kameras ohne spezielle Dichtungen solltest du deine Geräte unbedingt noch ernsthaft vor Sand und Staub schützen; der Wind wird den Sand sonst bis an den Sensor deiner Kamera verfrachten. Ja, ja, ich weiß, das schlaucht. Death Valley eben. Aber das Ergebnis lohnt den Aufwand.
Ich hoffe, du hast noch ausreichend Wasser in deiner Flasche, der Rückweg muss auch noch geschafft werden.
Furnace Creek
Von den Sanddünen aus fahren wir den Highway 190 weiter Richtung Zabriskie Point und Dante‘s View. Nach etwa 40 km Wüste plötzlich stämmige Palmen am Straßenrand, als gäbe es Wasser im Überfluss: Furnace Creek („Bach im Hochofen“). Wir befinden uns noch immer im Inyo County, in dem z.B. auch Stovepipe Wells, Zabriskie Point, Dante‘s View, Ashford Mill, Badwater und Shoshone liegen.
„Furnace“ bedeutet „Hochofen“ oder auch „Schmelzofen“. Und das ist Furnace tatsächlich noch heute: unerträglich heiß. Temperaturen von mehr als 50°C im Schatten sind an Sommertagen durchaus üblich. Wir hatten bei 46°C also echt milde Sommertage.
Es sei noch erwähnt, dass Furnace Creek etwa 70 m unter dem Meeresspiegel liegt und somit die tiefst liegende bewohnte Siedlung der Vereinigten Staaten ist. So nebenbei verfügt Furnace Creek auch über den tiefst gelegenen Golfplatz der Welt. Unglaubliches Grün, mitten in der Wüste. Ein bisserl Dekadenz muss schon sein.
Ursprünglich standen in Furnace Creek allerdings echte Schmelzöfen. Patrick Clark gründete an dieser Stelle die „Furnace Creek Copper Company“. Furnace war 1905 eine „Boomtown“, wurde aber bereits 1907 von den meisten Bewohnern wieder verlassen. Das Post Office in Furnace wurde erst recht spät eingerichtet, es war nur von 1907 bis 1908 in Betrieb. Heute zählt Furnace Creek zu den Ghost Towns des Inyo County. Für eine Geisterstadt ist Furnace Creek aber ganz allerliebst.
Furnace Creek Ranch
Die Furnace Creek Ranch liegt versteckt und doch im Herzen des Death Valley und mitten in Furnace Creek. Du findest sie von Stovepipe Wells kommend gleich nach der Chevron Tankstelle rechts. Mitten in der Wüste stehst du plötzlich in einer grünen Freizeitanlage, Pool und Golfplatz inklusive. Schon irgendwie irre. Las Vegas ist noch 200 km entfernt, aber die Wunder beginnen hier.
Die Furnace Creek Ranch wurde 1880 als reine Working Ranch gebaut. Heute, nach mehrfachem Um- und Ausbau, verfügt die Anlage über den Komfort, der auch den Ansprüchen verwöhnter Touristen genügt. Es gibt natürlich im nahen Umkreis keine weiteren Lokale bzw. Einkaufsmöglichkeiten. Stovepipe Wells liegt immerhin 45 km entfernt, aber in der Anlage selbst ist alles vorhanden, was nötig und angenehm ist.
Die Ranch bietet ihren Gästen einen Saloon, zwei Restaurants, einen saisonal geöffneten Ice Cream Shop, einen kleinen General Store, ein Souvenirgeschäft, einen beheizbaren Pool mit warmem Quellwasser, einen saftig-grünen 18 Loch-Golfplatz und – in dieser Gegend naheliegend – ein Borax-Museum. Leih-Fahrräder gibt es in der Ranch ebenso wie eine Poststelle. Der Safe an der Rezeption und Parkmöglichkeiten sind ohne Aufpreis verfügbar.
Die Ranch eignet sich gleichermaßen als Ausgangspunkt für Touren durch das Death Valley wie auch zum Ausspannen. Wir jedenfalls haben uns dort ausgesprochen wohl gefühlt.
Furnace Creek Inn
Zwei oder drei Kilometer weiter liegt das Furnace Creek Inn (wir nennen die Anlage auch schlicht „Hazienda“) links des Highways. Es wurde in den 1920ern erbaut, verfügt auch heute noch über historisches Flair und ist das teuerste Hotel im Death Valley. Mitten in der Wüste gelegen, umgeben von Palmen, bietet es Zimmer mit bester Aussicht. Früher war es von Ende Mai bis Mitte Oktober oder auch mal das ganze Jahr über wegen der unerträglichen Hitze geschlossen. Heute, nach einigen Renovierungen, kannst du im Furnace Creek Inn zwar ganzjährig Zimmer buchen, aber die Services sind zwischen Mitte Mai und Mitte Oktober doch sehr eingeschränkt.
Zur Geschichte:
Mitte der 1920er Jahre nahm sich die Pacific Coast Borax Company ein Beispiel am erfolgreichen Palm Springs Desert Inn und stieg ins Tourismus-Geschäft ein. Ein besonderes Hotel sollte Reisenden die Möglichkeit geben, die einzigartige Schönheit des Death Valley von einem komfortablen „Basislager“ aus zu genießen.
Es gab aber noch einen anderen Grund für die Errichtung des Hotels: Die Company wollte den Ruhm des „Twenty Mule Teams“ nutzen, um auch die noch ziemlich neue Death Valley Railroad zu retten. Diese Schmalspurbahn sollte nach der bereits erfolgten Schließung der Minen (siehe Kapitel „Harmony Borax Works“) jetzt zum Transport von Touristen eingesetzt werden. Und dazu benötigte man eben auch Unterkünfte, in denen Touristen, auch betuchte, wohnen konnten. Das funktionierte tatsächlich einige Jahre lang.
Mit Albert C. Martin wurde nach längerer Suche ein Architekt gefunden, der die Anlage im Missionsstil entwarf. Auf einem kleinen Hügel gebaut, bietet das Hotel einen schönen Blick über den Furnace Creek Wash. Die beim Bau verwendeten Lehmziegel wurden von indianischen Paiute- und Shoshone-Arbeitern handgefertigt. Der Steinmetz Steve Esteves schuf die maurisch beeinflussten Steinarbeiten, währenddessen Gärten angelegt und Palmen gepflanzt wurden.
Als das Furnace Creek Inn 1927 eröffnet wurde, war es von Beginn an ein Erfolg. Damals hatte es 12 Gästezimmer, einen Speisesaal und eine Lobby. Eine Nacht kostete damals USD 10, Vollpension inklusive. Nach der letzten Renovierung wurde das Hotel in „The Oasis at Death Valley“ umbenannt. Heute sind es 66 Zimmer plus 11 Casitas mit je zwei Räumen, die Preise reichen von USD 200 (inkl. Tax & Rates) bis USD 390 pro Nacht.
Unglücklicherweise musste die Schmalspurbahn wenige Jahre nach der Hoteleröffnung, 1931, doch noch eingestellt werden. Besucher des Death Valley bevorzugten mittlerweile die Freiheit, die das Automobil bot. Das Furnace Creek Inn war davon aber wenig betroffen und blieb auch für die nächsten Jahre ein beliebtes Urlaubsziel.
Harmony Borax Works
Auf dem Weg nach Zabriskie Point zweigt heute noch eine schmale Straße zu den Ruinen des ehemaligen Borax Werkes ab.
Niemand kann alte Werte so malerisch in der Landschaft verrotten lassen wie US-Amerikaner. Nicht nur Autos verrosten dort unter glühender Sonne. Auch alte Fabriken, ehemalige Mühlen, wie z.B. die Ashford Mill, und andere Gebäude dürfen in Kalifornien und auch dem Rest der USA ungestört von Wind und Wetter zerlegt werden.
Wir werden auf unserer Reise noch viele eindrucksvolle Beispiele finden, wie Wind und Sand selbst Gebäude aus härtestem Eisenbeton innerhalb von wenigen Jahrzehnten aus der Landschaft radieren. Ungemein deutlich ist das zu sehen, wenn wir wenige Jahre später an dieselben Stellen zurückfinden.
Die Geschichte der Harmony Borax Works
In den frühen 1870er Jahren wurde im Death Valley Borax gefunden. Borax wurde damals als Zuschlagstoff zur Herstellung von Glas und Glasuren sowie als Flussmittel zum Hartlöten verwendet und war sehr begehrt. Das wasserlösliche Mineral kommt auch heute noch bei der Herstellung von Desinfektions- und Reinigungsmitteln sowie beim Löten, Schweißen und zur Herstellung von Keramik, Email, Glas und einigen Farbstoffen zum Einsatz.
Borax (Natriumborat) ist ein seltener und daher auch recht wertvoller Rohstoff. Daher werden die nach wie vor beträchtlichen Vorkommen des Minerals im Death Valley auch heute noch abgebaut – trotz des Schutzes durch den Nationalpark-Status; Geschäft geht vor, nicht erst seitdem Donald Trump Präsident der USA ist.
Nachdem 1881 auch nahe der Furnace Creek Ranch Borax entdeckt wurde, errichtete William Tell Coleman im Jahr 1882 das Harmony Werk und begann hier Ende 1883/Anfang 1884 Erz zu verarbeiten.
In den Harmony Borax Works wurde von 1882 bis 1888 Borax gefördert, in der Blütezeit waren dort etwa 40 Arbeiter beschäftigt. Nach der Aufbereitung wurde das Erz mehr als 260 km weit zu den Schienen von Mojave gebracht, was in Anbetracht der extremen Hitze und des unwirtlichen Geländes eine große Herausforderung darstellte.
In Harmony begegnete man dieser Herausforderung zunächst damit, dass man zwanzig große Maultier-Teams vor zwei hohe Wagen spannte und daran noch einen übergroßen Tankwagen mit Wasser ankoppelte. Dieser „Twenty Mule Train“ wurde sehr bald das Symbol für Borax-Werke im ganzen Umfeld. Heute steht vor den Ruinen noch einer der legendären „20 Mule Trains“ (das Bild findest du links), ein seinerzeit von 20 Mulis bewegter Zug aus zwei schmalen hohen Wagen sowie dem unverzichtbaren Tankwagen für Wasser.
Mit den von Mulis gezogenen Wagen wurden – noch bis vor 100 Jahren – pro Transport 33 Tonnen Borax zur nächstgelegenen Bahn-Verladestation in Mojave gebracht. Die Fahrt dorthin dauerte damals 10 volle Tage. 1914 ging die Death Valley Railroad in Betrieb, die ursprünglich für die Minen in Ryan gebaut worden war. Später, nachdem auch diese Minen geschlossen waren, wurde sie für den Transport von Touristen verwendet.
Die Harmony Werke wurden, als 1888 das finanzielle Imperium des Gründers zerbrach, von Francis Marion Smith aufgekauft. Die Erzverarbeitung wurde aber von den Harmony Borax Works nicht wieder aufgenommen, wiewohl an anderen Stellen bis heute noch Borax aus dem Death Valley gefördert wird.
Später gingen die Harmony Borax Works an die Pacific Coast Borax Company über, die das Werk Ende 1889 schließen ließen.
Zabriskie Point
Zabriskie Point. Michelangelo Antonioni. 1970. Die Botschaft der späten 1960er „Make love not war!“ erschloss sich dem Zuseher erst, wenn er bereit war, sich auf den Film einzulassen. Seit damals wollte ich selbst an diesem Aussichtspunkt stehen. Nicht sterben wie Mark, der Protagonist des Films. Aber diese unglaubliche Landschaft erleben, in der er und Daria sich liebten. Und nun passiert es. Ich stehe oben. Die Aussicht ist noch beeindruckender, als ich sie mir ausgemalt hatte.
Besonders am ersten unserer Tage im Death Valley. Eine derart monströse Gewitterstimmung hatte ich zuvor kaum jemals erlebt. Ich kann nur draufhalten und abdrücken. Es ist aber bereits ein wenig zu dämmrig, um die strahlende Schönheit der „versteinerten Dünen“ in angemessene Bilder zu gießen.
Schnitt.
Nächster Tag. Blauer Himmel. Sonnenschein. Wieder Zabriskie Point. Der Parkplatz liegt in brütender Hitze unter glühender Sonne. Ein Rabe hüpft vor den Autos herum. Auch ihm ist heiß.
Benannt ist dieser berühmte Aussichtspunkt im Death Valley nach dem am 16. Oktober 1864 geborenen Minenbesitzer Christian Breevort Zabriskie, der 36 Jahre lang Vizepräsident und General Manager der Pacific Coast Borax Company war.
Zabriskie Point liegt südöstlich von Furnace Creek am Highway 190, kurz nach der Abzweigung zu den Harmony Borax Works. Vom großen Parkplatz aus führt ein asphaltierter Fußweg auf die Kuppe des Hügels. In der Fremdenverkehrs-Hochsaison halten hier laufend Busse. Massen von Touristen quälen sich in der prallen Sonne den kurzen Weg hinauf zur Spitze. Der Blick auf eine atemberaubende Kulisse aus markanten erodierten Furchen und ockerfarbenen Schlammablagerungen ist eine der schönsten und unwirklichsten Ansichten, die das Tal des Todes zu bieten hat.
Diese „Dünen“ sind in Wahrheit aber keine erstarrten Sanddünen, wie es auf den ersten und selbst auf den zweiten Blick aussehen mag. Die Felsformationen entstanden bereits vor rund 5 Millionen Jahren, als der damals an dieser Stelle liegende Furnace Creek Lake, ein riesiger See, austrocknete. Dabei und danach entstanden Sedimente verschiedener Art.
Die Ablagerungen bestanden letztendlich aus Salzkrusten aus dem Seewasser, Geröll von den nahen Bergen und Asche des damals noch sehr aktiven Black Mountain Vulkanfelds. Über die Jahrtausende versteinerten sie. Die so entstandenen Felsformationen wurden von Wind und Wasser im Laufe der Zeit so geformt, wie sie heute aussehen. Das Wasser verrichtete dabei die Hauptarbeit.
Auf dem folgenden Bild siehst du ein Flussbett, das nur während der seltenen sommerlichen Gewitterregen Wasser führt. Dann kann der Fluss allerdings sehr rasch anschwellen und alles mitreißen, was nicht niet- und nagelfest ist. Dass das Wasser sehr eigensinnig selbst entscheidet, was als niet- und nagelfest zu gelten hat, darfst du voraussetzen.
Verschiedene Farben in verschiedenen Schichten prägen das gesamte mir bekannte Death Valley. Das macht diesen lebensfeindlichen und doch sehr lebendigen Ort für mich so attraktiv.
Dante’s View
Im Südosten des Nationalparks liegt in den Black Mountains, die vom Zabriskie Point gut zu sehen sind, der 1.669 m hohe Dante‘s Peak mit seinem herrlichen Panoramablick vom Aussichtspunkt Dante‘s View.
Dieser berühmte Aussichtspunkt bietet einen Blick in das Death Valley über seine gesamte Länge nach Norden und Süden und auf die gegenüber liegenden Panamint Mountains mit ihrer höchsten Erhebung, dem Telescope Peak mit 3.368 m Höhe. Zu Füßen von Dante‘s View liegt die Salzpfanne von Badwater. Diese ist besonders bei Sonnenaufgang sehenswert, wenn die Gebirgskette in rötliches Licht getaucht ist. An sehr klaren Wintertagen kannst du auch den 4.418 m hohen Mount Whitney in der Ferne erkennen. Dort hast du also den niedrigsten Punkt der USA und den höchsten außerhalb Alaskas auf einmal vor Augen.
Rund 19 km südlich von Furnace Creek zweigt die Dante‘s View Road vom Highway 190 nach Süden ab. Von dort aus sind es noch 21 km bis zum Aussichtspunkt – eine lange, steile und kurvige Straße.
Besonders die letzten 500 m mit ihren Haarnadelkurven sind für Wohnmobile unbezwingbar. Für diese Fahrzeuge gibt es daher kurz vor dem Aussichtspunkt einen eigenen Abstellplatz.
Auf Dante‘s View angekommen, findest du dich auf einem großen Parkplatz wieder. Ja, wenn Amerikaner touristischen Nutzen erkennen, sind sie gnadenlos. Aufgrund der Höhenlage ist die Temperatur auf Dante‘s View zwar etwa 15° C niedriger als im Tal, aber immer noch beträchtlich hoch. Die Felsen speichern die Wärme des Tages wie ein Backofen und verhindern durch ihre Abstrahlung eine starke Abkühlung während der Nacht. Zumindest im Sommer.
Von hier aus erschien den Siedlern, die im 19. Jahrhundert das Tal durchqueren wollten, das gegenüberliegende Gebirge viel näher, als es für sie gut war. Denn der Haken an der Sache fällt erst bei einem aufmerksamen zweiten Blick auf: Es gibt keine Stelle in Sichtweite, die auch nur ansatzweise Schatten abgibt. Und die Sonne im Tal ist erbarmungslos.
Das relativ sanft abfallende südliche Gelände am Dante‘s View Parkplatz lädt förmlich dazu ein, über einen etwa 300 m langen Weg noch etwas näher an den Abgrund zu gehen, von wo aus der komplette Südteil des Tals überblickt werden kann.
Zwar ist der Bergrücken breit und fällt nur leicht an den Seiten ab, aber er ist steinig und ungesichert. Also nichts für mich, obwohl es die Mühe lohnen dürfte. Meine Liebste andererseits ist völlig schwindelfrei und hatte daher die bessere Aussicht.
Dank der vorgelagerten Position auf diesem Felskamm hat man aber auf jeden Fall freie Sicht nach Süden, die vom Parkplatz aus nicht möglich ist.
Scotty‘s Castle
Der Weg dorthin
Nach einer weiteren Nacht auf der Furnace Creek Ranch zu einer ganz anderen Baustelle. Kannst du eigentlich wörtlich nehmen. Waren wir eben noch im Süden des Death Valley unterwegs, fahren wir jetzt nach Norden, um Scotty‘s Castle im Nordosten des Death Valley unsere Aufwartung zu machen. Obwohl Scotty‘s Castle ein wenig abseits liegt, wird es doch jährlich von etwa 100.000 Touristen besucht.
Nein, das ist nur bedingt richtig. 2015 brach wieder eines der seltenen, aber umso furioseren Unwetter über Death Valley herein, von denen ich schon geschrieben habe. Im Grapevine Valley kam es zu dramatischen Sturzfluten, die nicht nur die Zufahrtsstraße über Kilometer wegrissen, sondern auch einige Teile des Castles schwer beschädigten. Das Besucherzentrum beispielsweise wurde von einer Schlammlawine sogar innen ein Fuß hoch zugeschüttet.
Eine Wiedereröffnung ist frühestens 2020 wieder möglich, wahrscheinlicher ist der Herbst 2021. Es gibt aber einige Leute, die zweifeln, ob überhaupt die Mittel aufgebracht werden können, um das komplette Objekt wieder zu sanieren. Wir aber können liefern, wenigstens ein paar Bilder.
Die Fahrt zum auf 919 m Seehöhe gelegenen Schloss kostet bereits bei der Planung einige Überwindung, liegt Scotty‘s Castle doch weitab der üblichen Routen. Deshalb fällt dieses interessante Bauwerk bei den meisten Touristen leider durch den sprichwörtlichen Rost. Dazu kommt noch, dass die bereits besprochenen und fast 60km nach Norden reichenden Mesquite Flat Sand Dunes – bei unserer Hinfahrt linkerhand – manchmal wochenlang über die Zufahrtsstraße wandern. Dann ist kein Durchkommen. Wir brauchen also auch Glück. Und wir haben Glück.
Wir benötigen für die 60 km von Furnace Creek aus eine Stunde; den größten Teil der Strecke wühlen wir uns durch Sand und Steine, die keine markanten Gesteinsformationen zur Orientierung oder optische Abwechslung bieten.
Der letzte Teil der Fahrtstrecke allerdings entschädigt mit augenfälliger Opulenz, wie du hier andeutungsweise sehen kannst.
Kurz danach sind wir am Ziel. Der riesige Parkplatz liegt in der Sonne, die unser Auto bis zur Abfahrt beinahe auf Siedetemperatur bringen wird.
Schon die optische Präsenz von Scotty‘s Castle ist skurril. Spanisch-mexikanischer Stil mit maurischen Elementen in soliden Beton gegossen. Scotty‘s Castle wird dir aber noch viel skurriler erscheinen, sobald du seine Geschichte betrachtest. Die sucht wahrlich ihresgleichen.
Scotty’s Castle – die Geschichte
Den Namen trägt das „Schloss“ nach Walter E. Scott („Death Valley Scotty“), der es zwar nur verwaltete, aber gerne erzählte, es gehöre ihm. Scott war ein Abenteurer, aber auch zwielichtige Figur. Er reiste von 1890 bis 1902 mit Buffalo Bill Cody‘s Wild West Show als Stuntreiter in der Weltgeschichte umher, bevor er seine eigene „Geschäftsidee“ verwirklichte: Er überredete reiche Geschäftsleute, Geld in seine Goldmine im Death Valley zu investieren, von der er behauptete, sie sei Millionen wert. In Wahrheit gab es „seine“ Goldmine überhaupt nicht.
Einer dieser Investoren war Albert Johnson, ein millionenschwerer Versicherungsmagnat aus Chicago. Zwischen Walter Scott und ihm entstand eine lebenslange Freundschaft, wie sie seltsamer nicht sein hätte können: auf der einen Seite der hochgeachtete, religiöse Johnson – auf der anderen der raubeinige Betrüger Scott, der wohl sehr viel Charme in diese Freundschaft eingebracht haben muss.
Johnson investierte tausende Dollar in die imaginäre Mine, ohne dass diese irgendeinen Ertrag abwarf. Darauf beschloss er, sich die Goldgrube persönlich anzusehen. Trotz seiner durch Asthma angegriffenen Gesundheit reiste er 1904 ins Death Valley, wo ihm Scott ausgiebig das ganze Tal zeigte, selbstverständlich ohne Mine. Johnson muss Scotts offensichtlichen Betrug erkannt haben – und blieb trotzdem lebenslang sein Freund. Das trockene Klima tat ihm gut, sodass ihn sein Asthma nicht mehr so stark quälte. Überdies liebte er die Geschichten und Witze, mit denen Walter Scott ihn unterhielt.
Er fuhr nach einem Monat bei guter Gesundheit und bester Laune zurück nach Chicago – und schickte weiterhin Geld. Er besuchte ab damals das Death Valley regelmäßig, wobei ihn meist seine Frau begleitete. Ein Jahrzehnt später kaufte er fast 5 km² Land am Grapevine Canyon, welches über eine der seltenen Wasserquellen des Gebietes verfügte. Das Landstück lag etwa 900 m über dem Meeresspiegel und eignete sich für den Asthmatiker als erholsamer Aufenthaltsort. Johnsons Frau initiierte in den 1920ern den Bau des „Schlosses“. Über 2,5 Mio. USD investierte Johnson insgesamt in die „Death Valley Ranch“, wie die Anlage zunächst hieß.
Viele Berühmtheiten der damaligen Zeit besuchten das groß angelegte Schloss. Walter Scott führte sie herum, erzählte Geschichten und die „Death Valley Ranch“ wurde so langsam zu „Scotty‘s Castle“. Albert Johnson, den Besitzer, störte das nicht; Er meinte nur „He repays me in laughs.“ („Er zahlt es mir zurück, indem er mich zum Lachen bringt.“) Wie tief die Freundschaft zwischen Johnson und Scott gewesen sein muss, kann man auch daran erkennen, dass es im ganzen Wohntrakt kein einziges Gemälde von Johnson und seiner Frau Bessie gibt, wohl aber mehrere, die Johnson und Scott gemeinsam zeigen. Auch trägt das Besteck von Scotty‘s Castle die Gravur „J und S“ („Johnson und Scott“).
Der Börsencrash 1929 traf Albert Johnson schwer, seine Versicherungsgesellschaft ging 1933 bankrott. Er konnte den Bau des Schlosses daher nicht mehr beenden. Albert Johnson starb 1948. Da die Johnsons keine Kinder hatten, vererbten sie das Schloss der religiösen Gospel Foundation und erteilten Walter Scott ein lebenslanges Wohnrecht. Nach seinem Tod – er starb 1954 und überlebte also seinen Freund und Gönner um 6 Jahre – wurde Walter Scott in einem Hügel oberhalb „seines“ Castles begraben. Ein Weg führt heute noch zu seiner Grabstätte.
Seit 1970 steht Scotty‘s Castle im Eigentum des National Park Service. 850.000 USD wurden dafür bezahlt, also nur ein Bruchteil der seinerzeitigen Baukosten.
Beatty
Okay, ich weiß, Beatty liegt nicht mehr im Death Valley. Aber fast, nur eine Meile vom südöstlichen Eingang entfernt. Thematisch gehört Beatty für mich aber einfach dazu.
Beatty, eine Kleinstadt östlich von Scotty‘s Castle, befindet sich bereits in Nevada – auf dem direkten Weg von Scotty‘s Castle in die Spielerstadt Las Vegas. Beatty ist aber auch einen kleinen Umweg wert, wenn du – wie wir – von Scotty’s Castle nach Furnace, zurück zur Furnace Creek Ranch, willst. Wir fahren also die Scotty‘s Castle Road weiter nach Nordosten und biegen, viele Kilometer weiter, auf den Veterans Memorial Highway ein. Dieser bringt uns direkt nach Beatty.
Beatty beherbergt knapp 1.200 Einwohner und liegt auf etwa 1.000 m Seehöhe an einem kleinen Fluss namens Amargosa, der aber die meiste Zeit im Jahr trocken ist. Wieder ein Indiz, Beatty thematisch dem Death Valley zuzuordnen, ist doch die Amargosa Range eine Gesteinsformation, die die Aussicht von Zabriskie Point maßgeblich mitbestimmt. Ganz besonders interessant am Fluss Amargosa ist, dass er weder in einem See noch in einem anderen Gewässer endet. Er versickert, selbst wenn er viel Wasser führt, 320 km entfernt von seiner Quelle in den Bergen Nevadas einfach im Sand des Death Valley bzw. im Salz das Badwater Basins.
In Beatty gibt es einen General Store, in dem wir unsere Wasserflaschen füllen können. Und dann ist da, direkt auf der Hauptstraße, ein Flohmarkt. „Ein Flohmarkt!“ Für jeden, der meine Herzallerliebste nicht so gut kennt: Die geschriebenen Worte „Flohmarkt“ bzw. „Flea Market “ lösen in ihr einen fast Pawlowschen Reflex aus: „Das muss ich mir näher ansehen!“ Nun, immerhin haben wir bis dahin die Bräuche der Einheimischen noch nicht ausreichend studiert – das war die Gelegenheit schlechthin.
Was mir auffällt - ich habe es schon mal besprochen - ist die Neigung der meisten Amerikaner, Autos und Autoreste schutzlos dem Wetter auszusetzen, bis sie entweder den optischen Reiz von Antiquitäten oder den von rettungslos verlorenen Rostlauben bieten. Ein malerisches Ambiente – aus der Sicht eines Fotografen.
Hier finde ich nur Anbieter, denen ich im Dunkeln ungern begegnen möchte. Sie zeigen sich aber freundlich, wenn auch nicht übertrieben aufmerksam. Du kannst dort jedenfalls in Ruhe gustieren, ohne dass dir andauernd ein Verkäufer nachrennt, um dich von der Nützlichkeit seines Angebotes überzeugen zu wollen. Das werte ich als Glücksfall. Meine Liebste findet trotz eifriger Suche nichts (in den Koffer) Passendes. Ein weiterer Glückfall sozusagen.
Badwater
Die letzte Nacht auf der Furnace Creek Ranch liegt, wie auch der kleine Ort, hinter uns. Es geht jetzt weiter in Richtung Süden nach Las Vegas. Badwater wollen wir unbedingt noch sehen. Diese Salzwüste liegt zwar sehr nahe bei Dante‘s View, es gibt aber keinerlei Straßenverbindung. Deswegen haben wir uns entschlossen, nicht über Beatty nach Las Vegas zu fahren, sondern die Südroute aus dem Tal des Todes zu nehmen.
Schon auf dem kleinen Stück zwischen Furnace und Badwater fühlst du dich wie in einer anderen Welt. Von Leben oder Zivilisation keine sichtbare Spur, nur Wüste, Felsen und Hitze. Und plötzlich bist du am Etappenziel. Das einzige Zeichen menschlicher Zivilisation ist ein gut ausgebauter Parkplatz mit Treppen abwärts zu einer Holzplattform, die über dem kristallisierten Salz liegt.
35 km südlich von Furnace, auf der 178er, die kurz nach Furnace vom Highway 190 abzweigt, befindet sich bei Badwater der tiefste Punkt Amerikas, 85,6 m unter dem Meeresspiegel. Badwater ist außerdem auch nicht nur der heißeste Punkt des Death Valley, sondern auch der gesamten USA. Hier wurden schon 56,7°C gemessen. Im Schatten. Aber es gibt hier keine Schatten außer dem, den wir oder die erst 2004 errichtete Treppe und Holzplattform werfen.
Wasser gibt es in Badwater nur sehr wenig und das meist unter einer zentimeterdicken Salzkruste. Es ist doppelt so salzig wie Meerwasser und für Menschen ungenießbar („Bad Water“). Die winzige Quelle trocknet auch in den Sommermonaten nicht ganz aus, sie wird aus einer unterirdischen Wasserschicht gespeist, die das Schmelzwasser der Eiszeit aus den mehrere hundert Meilen entfernten Bergen Nevadas durch den porösen Kalkstein langsam bis hierher bringt.
An einer Bruchstelle tritt das Wasser in Badwater durch die stark salzhaltige Schicht an die Oberfläche. Sogar einige Insekten und die urzeitlichen Pup-Fische leben in dieser unwirtlichen, heißen Salzbrühe. Auch wenn man tierisches Leben hier nicht vermuten würde, findet man neben den Urzeitfischen auch die Death Valley Snail, eine Schlangenart, an dieser Stelle. Eine Handvoll kleiner, grüner Büsche („Pickleweed“) konnten sich ebenfalls hier festsetzen. „Das Leben findet immer einen Weg.“
Die tiefste Stelle des Tales wurde bis 2003 nur durch ein Hinweisschild an einem Felsen angezeigt. Im Zuge umfangreicher Umbauarbeiten, bei denen der recht beliebte Aussichtspunkt einen eigenen Parkplatz an der Badwater Road bekam, wurde 2004 auch eine kleine Holzplattform bei Badwater errichtet.
Diese Plattform schwebt knapp über dem Talboden, so dass Besucher, ohne die Salzkruste des Bodens und damit das kleine Biotop zu beschädigen, bis zu einem großen Hinweisschild gehen können. Von dieser Plattform aus ist auch sehr gut der kleine Salztümpel zu erkennen (im vierten Bild dieses Kapitels ganz rechts), der das Vorhandensein einer Wasserquelle an diesem mehr als unwirtlichen Ort beweist.
Ashford Mill Ruins
Ashford Mill, eine ehemalige Minen-Niederlassung, ist eine der vielen Geisterstädte der Gegend.
Die heute noch stehenden Gebäudereste der ehemaligen Goldmühle verfallen trotz der dicken Mauern aus solidem Beton unglaublich schnell. Die Erbauer der Mühle, die Brüder Ashford, würden staunen. Der immer wehende Wind in Verbindung mit Sand und der dort herrschenden Hitze leisten perfekte Arbeit.
Wenn ich die noch erhaltenen Bilder aus den 60ern des vorigen Jahrhunderts – du kannst sie auf Wikipedia betrachten – zum Vergleich hernehme, haben Hitze und Wind die Ruinen binnen der letzten 50 Jahre tatsächlich um mehr als die Hälfte abgebaut. Heute gelten die Ruinen als geschützt und werden vom Parkservice immer wieder liebevoll
Interessant ist auch, dass sogar in der Nähe von Ashford Mill, wo selbst härtester Stahlbeton unter den widrigen Verhältnissen abgeschliffen wird und zerbröselt wie weicher Sandstein, Pflanzen in großer Vielfalt überleben können.
Die ursprüngliche 50 Tonnen-Goldmühle wurde von den Brüdern Ashford 1914 erbaut, als in der Gegend einige Goldvorkommen entdeckt wurden. Das Erz einer etwa 8 km entfernten Goldmine („Golden Treasure Mine“) wurde hier zum Schmelzen aufbereitet. Die Anlage wurde später mehrfach mit Gewinn verkauft – zuerst um 50.000 USD an einen ungarischen Grafen, später um etwa das Doppelte an B.W. McCausland -, aber die große Goldader, auf die alle gewartet hatten, blieb aus.
Ein Teil der Wände steht heute nur noch, weil sie so dick sind. Das war aber gar nicht so geplant, der Zufall führte Regie. Es kam eine Ladung Zement mehr als bestellt…
Shoshone
„The Famous Crowbar Cafe Saloon“, das „soziale Zentrum“ von Shoshone, ist mit allerlei Artefakten aus der Gründerzeit geschmückt und gut besucht. Innen werkt eine resolute und bärengroße Saloon-Lady, die neben gutem und reichlichen Essen auch einen ganz eigenen Schmäh serviert. Muss man einfach mögen.
Das Sheriff Office scheint einem Western-Film entsprungen; sogar die vergitterten Fenster an der Rückseite sprechen dafür. Vor der Türe steht allerdings kein Pferd, sondern ein aufgebrezelter Schlitten von Ford.
Die Geschichte von Shoshone
Die Geschichte dieser Kleinstadt ist bemerkenswert ob ihrer Schlusspointe: In einem schattigen Hain von Mesquiten (Süßhülsenbäume bzw. -sträucher) gründete Ralph Jacobus Fairbanks, ein Prospektor und Frächter, 1910 die Stadt Shoshone. Fairbanks wollte die nahe Bahnlinie, die dort eine Haltestelle hatte, nutzen und für die Gegend eine solide Geschäftsbasis etablieren.
Charles „Charlie“ Brown, Sheriff von Greenwater, heiratete 1910 Stella Fairbanks und wurde so „Dad“ Fairbanks‘ Schwiegersohn. Nach 10 Jahren außerhalb der Stadt kehrten Charlie und Stella nach Shoshone zurück und kauften sich als Partner bei „Dad“ Fairbanks‘ Stadtentwicklungsprojekt ein. Die kleine Stadt wurde immer mehr ausgebaut.
Der alte Fairbanks übersiedelte 1927 nach Baker, einer kleinen Siedlung etwas weiter südlich. Charlie hingegen wurde Senator des Staates California. Das Management von Shoshone fiel an Charlies Sohn Charles. Und bis heute ist ganz Shoshone in Familienbesitz geblieben.
Hier noch ein paar Eindrücke von Shoshone:
Pahrump
wo uns endlose Kolonnen von Schulbussen begegnen, ist die nächste Gelegenheit, unsere Wasserflaschen aufzufüllen.
Pahrump hat aus unserer Sicht vom Highway aus nicht viel zu bieten. Ein Autogeschäft neben den anderen, sauber entlang des Highways aufgereiht. Und ein Stück Land wäre zu haben. Günstig, riesige Fläche, hauptsächlich Sand und Steine. Die wilde und verwahrloste Wohnwagensiedlung am Rand zeigt uns, wo und wie es lang geht. Also weiter.
Mountain Springs
Es ist nicht mehr weit bis zu unserem Ziel: Las Vegas.
Nach abwechslungsreichem Gestein blüht hier die Wüste wieder auf. Ja, Wasser, der Quell allen Lebens.
Mountain Springs ist an unserer Strecke der letzte nennenswerte Ort, bevor wir in Las Vegas einfahren. Aber das ist eine andere, eine weitere Geschichte.